Fünf Schmiedshauer auf den Spuren ihrer Vorfahren - ein Reisebericht

Als wir vor sechs Jahren, bei unserer ersten Slowakei-Reise, vor verschlossenen Türen standen, schworen wir uns, dieses Mal zeitig vor dem Karpatendeutschen Museum in Pressburg/Bratislava zu erscheinen. Am Fuße der Pressburger Burg, unweit der Donau gelegen, beheimatet das Museum eine Vielzahl an kunsthandwerklichen Artefakten und bietet zudem eine konzentrierte Einführung in die karpatendeutsche Geschichte. Schmiedshau ist mit einer Fotografie der Marienstatue und zwei kleinen Kinderpüppchen vertreten. Den drei großen Siedlungsgebieten der Karpatendeutschen (Pressburg, Hauerland, Zips) wird auf einer bronzenen Plakette an der Außenwand gedacht.


Karpatendeutsche Siedlungsgebiete in der Slowakei, Plakette an der Wand des Karpatendeutschen Museums in Bratislava.


Kinderpüppchen aus Schmiedshau, aus dem Karpatendeutschen Museums in Bratislava.

Auf den Spuren unserer Vorfahren wollten wir die Slowakei dieses Mal etwas großflächiger kennen lernen. Bei bestem Augustwetter fuhren wir mit unserem gemieteten Minivan nach dreitägigem Aufenthalt in Pressburg/Bratislava weiter nach Neusohl/Banská Bystrica, wo wir das Museum des Slowakischen Volksaufstandes besuchten, das in einer gewagten architektonischen Stahl-Beton-Konstruktion aus dem Jahre 1969 untergebracht ist, die an ein gespaltenes Ufo erinnert. Im Außenbereich des Museums findet sich eine Ausstellung schwerer Artillerie. Todbringende Panzer und Flaks werden heute allerdings von Kindern als willkommene Klettergelegenheit genutzt. Neusohl/Banská Bystrica bietet wie die anderen Städte auch, die wir auf unserer Reise besuchten, eine behutsam sanierte Altstadt, deren Fußgängerzone autofrei gehalten wird und deshalb zum Flanieren und Verweilen einlädt. Unzählige Straßencafés mit gutem italienischem Kaffee und Restaurants mit leckerer slowakischer Hausmannskost beleben diese Orte auf unaufdringliche Weise. Wer gerne mal wieder so essen will, wie zuhause bei der Schmiedshauer Mutter (oder dem Vater), ist in der Slowakei bestens aufgehoben. Hochwertiges Fleisch mit Knödeln oder Kartoffeln, Brimsen-Nockerl oder auch eine deftige Krautsuppe werden überall zu einem günstigen Preis angeboten. Die italienische Pizza als internationaler Exportschlager ist auch in der Slowakei angekommen. Ein Höhepunkt der inmitten grüner Laubwälder der Niederen Tatra gelegenen historischen Bergbaustadt ist ein begehbarer Glockenturm, der zu jeder vollen Stunde die Besucher der Altstadt mit einer bekannten Melodie unterhält, die stündlich wechselt.

Nach zwei Tagen in Neusohl/Banská Bystrica durchquerten wir mit unserem Minivan den unberührten Nationalpark der Niederen Tatra, der auch zum Wandern einlädt, und fuhren am Fuße der Hohen Tatra entlang über Deutschendorf/Poprad und Preschau/Presov nach Kaschau/Kosice. Unterwegs ließen wir es uns nicht nehmen, die berühmte Zipser Burg (Spisský hrad) zu besuchen, die als eine der besterhaltenen mittelalterlichen Burgen Mitteleuropas gilt. Unweit der gut ausgebauten Autobahn E50 gelegen, ist sie ein Touristenmagnet für Besucher aus Nah und Fern. Hat man sämtliche Treppen und Stiege erklommen, bietet sich dem Besucher ein atemberaubender Blick über die Zipser Landschaft.


Zipser Burg.

Die Altstadt von Kaschau/Kosice, der zweitgrößten Stadt der Slowakei im Osten des Landes, lernten wir an einem Samstagnachmittag kennen. Wir waren erstaunt über die vielen Hochzeitsgesellschaften, die die zahlreichen historischen Gebäude entlang der Hlavná ulica (Hauptstraße) nutzten, um Fotos zu machen. Kaschau/Kosice hat das größte zusammenhängende denkmalgeschützte Stadtgebiet der Slowakei. Einen Besuch wert ist auch der Elisabeth-Dom aus dem 15. Jahrhundert. Zwischen Dom und Staatstheater befindet sich der "Singende Brunnen". Sein Wasserspiel reagiert auf orchestrale Popmelodien, die aus kleinen versteckten Lautsprechern schallen. Auch in Kaschau/Kosice laden viele Cafes unter freiem Himmel zum Verweilen in der verkehrsberuhigten Innenstadt ein. In einer Seitenstraße entdeckten wir ein kleines indisches Restaurant, das mit frisch zubereiteten Speisen punktete.


Singene Brunnen in Kaschau/Kosice.

Auf dem Weg von Kaschau/Kosice nach Sillein/Zilina machten wir Halt in dem Zipser Wallfahrtsort Leutschau/Levoca. Das gut erhaltene historische Stadtzentrum wurde 2009 zum UNESCO-Welterbe ernannt. Die Kirche des Hl. Jakobus, im 14. Jahrhundert erbaut, beherbergt den beeindruckenden fast 19 Meter hohen Holzaltar von Paul von Leutschau, der zu den wichtigsten Holzkünstlern des Mittelalters zählt.

In Sillein/Zilina angekommen, versetzte uns der morbide Charme unseres Hotels "Dom Techniky" zurück in die Glanzzeiten des sozialistischen Städtebaus. Der holzgetäfelte Etagenflur mit seinen in die Jahre gekommenen Teppichen und Sesseln wäre die ideale Kulisse für einen Agentenfilm der 1970er Jahre. Die slowakischen Städte bieten für jeden Geldbeutel die passende Unterkunft. Wir hatten uns bewusst für das Ungewöhnliche entschieden, nachdem wir 2010 die Übernachtung in einem Ableger einer internationalen Hotelkette als reichlich steril empfunden hatten. Vom Zentrum Silleins/Zilinas mit seinen zahlreichen belebten Plätzen und verwinkelten Gassen machten wir uns zu Fuß auf, das Schloss Budatín zu besuchen, das am Zusammenfluss von Waag und Kischütz liegt. Im Schlossmuseum erfährt man einiges zur Stadthistorie Silleins/Zilinas. Die ständige Ausstellung ist der Drahtbinder-Handwerkskunst gewidmet.

Bei einem Slowakei-Besuch darf ein Abstecher nach Cicmany natürlich nicht fehlen. Zu unserer großen Überraschung haben seit unserem letzten Besuch mehrere professionelle Souvenirläden eröffnet, die weit mehr bieten als nur "Cicmaner Potschen". Und auch hier laden nette kleine Restaurants zum Mittagstisch unter freiem Himmel ein.

Die Provinzhauptstadt Priwitz/Prievidza hat sich ebenfalls für den Tourismus fein gemacht. Der zentrale Platz wurde mit neuen, modischen Sitzbänken und einem Springbrunnen ausgestattet und wird von diversen Straßencafés gesäumt.

In der Heimatregion der Eltern übernachteten wir, wie beim letzten Mal auch, im Hotel Vysehrad, mitten im Zentrum von Deutsch-Proben/Nitrianske Pravno. Das Hotel bietet neben soliden, sauberen Zimmern eine große Terrasse, von der aus man das bunte Treiben der Kleinstadt verfolgen kann. Das Hotelrestaurant hat deftige slowakische Hausmannskost im Angebot. Auch die Pizza Halusky ist einen Versuch Wert. Nur wenige Hundert Meter entfernt, im etwas versteckt gelegenen Freiluft-Restaurant "Die Letzte Hexe", grillt der Chef noch persönlich. Hier treffen sich die Einwohner von Pravno zu leckerem Grillfleisch und einem gepflegtem Pivo.

Aber auch in Schmiedshau/Tuzina ist in den vergangenen Jahren eine wunderbare Einkehrmöglichkeit entstanden. Direkt hinter dem Kulturheim, inmitten von üppigem Grün, baut Cornelia Richter (Péésch-Nelli) die alte Mühle nach und nach zur Pension mit Bewirtung um. Das Restaurant ist bereits geöffnet und wird von jungen Leuten betrieben, die ihre Gäste im Sommer in einem herrlichen Garten empfangen. Die Zimmer der Pension sollen im Laufe der nächsten Jahre bezugsfertig sein. Knapp verpasst haben wir leider ein Country-Musik-Festival, das jährlich am ersten August-Wochenende am Ende des Schmiedshauer Tales stattfindet. Auf den Spuren unserer Vorfahren haben wir selbstverständlich auch dem Schmiedshauer Friedhof einen Besuch abgestattet, der nun leider der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt ist, da die Bäume im mittleren und oberen Bereich wegen Schädlingsbefall gefällt werden mussten.


Neue Pension/Restaurant "Alte Mühle" in Schmiedshau, hinter dem Kulturheim.

Fred Filkorn
(stellvertretend für Stefan & Blebo Filkorn, Mizzi Beßler und Pepe Lubik, Nürtingen)

 



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